WILLIAM WALLACE *um 1270 in Paisley † 23. August 1305 in London Zeitgenössische Berichte zur Person des William Wallace existieren nur sehr bruchstückhaft und verzeichnen oftmals widersprüchliche Informationen. William Wallace war adliger Abstammung, wenngleich von niederem Adel. Nach der Überlieferung war seine vermutliche Mutter eine Tochter von Sir Hugh Crawford, der als Sheriff von Ayr als einer der reichsten und somit einflussreichsten Adligen Schottlands seiner Zeit galt. Wann sie genau William geboren hat, ist nicht bekannt. Es lässt sich nur indirekt erschließen, dass er um 1270 geboren wurde. Als Nachgeborener hatte er aber keinen unmittelbaren Anspruch auf den Titel und den Besitz des Vaters. William hat wohl einige seiner jungen Jahre in der Obhut des Onkels, der in einem Kloster in der Nähe von Sterling lebte, verbracht. Für seine überdurchschnittlich gute Bildung spricht die Überlieferung, dass William sowohl Latein als auch Französisch beherrschte, aber auch seine militärischen Fähigkeiten der frühen Jahre lassen erkennen, dass er zumindest theoretisch vorgebildet war. William Wallace lebte mehr oder weniger das Leben eines 'Outlaws'. Mit einer kleinen Truppe von Gefolgsleuten zog er durch das Land, immer den Engländern ausweichend, immer wartend auf eine günstige Gelegenheit, kleine Verbände ihrer Truppen mit aller Macht anzugreifen. Das Jahr 1296 sah sich Schottland praktisch vollständig von den Engländern besetzt, der schottische Adel war weitgehend inhaftiert und/oder zum Kriegsdienst in Frankreich und Flandern gezwungen. Es kam zu einem mehr oder weniger offenen Aufstand, der drei herausragende Personen kennt: William Wallace agierte im Süden und Südwesten, stieß kurzzeitig auch nach Northumberland vor. Robert the Bruce kämpfte in Argyll und anderen Teilen des Westens und Andrew de Moray, der erfolgreichste und zu jener Zeit bekannteste der drei, operierte im Osten, Nordosten und mit seinen verbündeten MacDougalls gleichfalls im Westen. Im Mai 1297 tötet Wallace William Heselrig, den englischen Sheriff of Lanark und das macht Wallace über die Grenzen seines bisherigen Operationsgebietes hinaus so bekannt, so dass er nun nicht mehr nur der einfache *Outlaw* war, sondern mindestens so etwas wie ein lokaler Militärführer, der es wagen konnte, immer häufiger und immer heftiger die englischen Truppen anzugreifen. Er wurde zum Staatsfeind. Etwa zur Jahresmitte 1297 trafen Wallace und de Moray zusammen und beschlossen, ihre Truppen zu vereinen. Stirling Castle sollte erobert werden. Zusammen fühlten sie sich stark genug, den Engländern nun auch in offener Feldschlacht zu begegnen. Am 11. September des Jahres siegte ihre Armee bei Stirling Bridge. Wallace überlebte als einziger der beteiligten Heerführer. Es begann der kürzeste und steilste Teil seiner Karriere. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde er in eigenem Recht in der Forest Kirk von Selkirk geadelt. Für kurze Zeit war Wallace Dank seiner bisherigen militärischen Erfolge der unangefochtene Anführer aller Schotten. Nur ein Jahr später begann der Anfang vom Ende: Der englische Hochadel war zwar mit seinem König Edward I. heillos zerstritten - England stand an der Schwelle zum Bürgerkrieg - doch als Edward einen neuerlichen Zug gegen Schottland verkündete, stand der Adel weitgehend geschlossen hinter ihm. Ganz anders sah es auf der schottischen Seite aus: Über die Kriege und außenpolitischen Aktivitäten hatte es Wallace versäumt, das Land innenpolitisch zu einigen. Die Rivalitäten zwischen den Lagern der verschiedenen Thronanwärter (Balliol, Bruce und Huntington) bestanden nach wie vor. Die Führenden des Landes standen nicht geschlossen hinter Wallace, als es 1298 zur Battle of Falkirk kam. Nach der Niederlage der Schotten bei Falkirk, gab Wallace sein Amt als 'Guardian of Scotland' zurück, spielte aber weiterhin eine aktive Rolle. Er wechselte - wenn man so will - von der Executive in den Diplomatischen Dienst, um für die schottischen Interessen an den Königshöfen Europas zu werben. Als die Franzosen aber Edwards Hilfe zur Niederschlagung flandrischer Aufstände brauchten, ließen sie die Interessen ihrer schottischen Verbündeten im Stich. Edward hatte dadurch freie Hand in Schottland. 1304 war dann die Situation der Schotten so aussichtslos, dass der (Hoch-)Adel kapitulierte und Edward als 'Overlord' bestätigte. Wallace war praktisch der einzige Schotte von Rang und Namen, der die Unterwerfung zurückwies. Wallace war erneut *vogelfrei* und jeder - Engländer wie Schotte - hätte ihn ohne ordentlichen Prozess standrechtlich töten können. Tatsächlich wurde er schon am 3. August 1305 gestellt und den Engländern übergeben. Nach einem kurzen Aufenthalt in Dumbarton Castle wurde er rasch für einen Schauprozess nach Westminster Hall überstellt. Mit der zusätzlichen Anklage als Verräter und dem Schauprozess zielte Edward aber ganz offensichtlich darauf ab, den Ruf und das Ansehen von Wallace zu zerstören. Dieser Prozess vom 23. August 1305 - ein Prozess ohne Anwalt oder das Recht auf Verteidigung - bestand aus zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Akten: Dem Verlesen der Anklage und dem Verlesen des Urteils, das sofort vollstreckt wurde. Das Urteil war hart, aber durchaus im Rahmen der Zeit: Erhängen, Ausweidung (inkl. Entmannung), Enthauptung und Vierteilung. Nach Vollstreckung des Urteils wurden die Teile des hingerichteten Wallace öffentlich zur Schau gestellt: Der Kopf an der London Bridge, der rechte Arm in Newcastle, das Wallace so schwer verwüstet hatte, der linke Arm in der Grenzfestung Berwick, das rechte Bein in Perth, und das linke Bein in Aberdeen. Mit dieser öffentlichen Zur-Schau-Stellung, die eigentlich der Abschreckung dienen sollte, erreichte Edward letztlich das genaue Gegenteil: Er legte damit den Grundstein zum Mythos William Wallace.